Lex: Kolonialrevisionismus

Der Kolonialrevisionismus war eine Reaktion auf den Verlust der deutschen Kolonien infolge des Ersten Weltkriegs. Während die formalen deutschen Kolonialverwaltungen in Übersee ab 1914/1916 nicht mehr existierten, betrieben die Regierungen der Weimarer Republik und des NS-Regimes  weiterhin Kolonialpolitik. Das Ziel der 1924 wiedergegründeten Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes bestand nun darin, wieder Kolonien zu erlangen und Deutsche international als „Kolonialexperten“ zu präsentieren. Auf der wirtschaftlichen Ebene untermauerten zahlreiche Plantagenunternehmen, die in die ehemaligen Kolonien zurückgekehrt waren, den deutschen Anspruch auf diese Gebiete.

Auch in der deutschen Gesellschaft entstand eine Bewegung, welche sich für die Rückgewinnung der deutschen Kolonien einsetzte. Internationale Kritik an der deutschen Kolonialpolitik führte zu einer nostalgischen Verklärung der deutschen Kolonialherrschaft. Als Reaktion entstanden Kolonialausstellungen, Bücher, Spielfilme und Propagandaveranstaltungen, welche die deutsche Kolonialherrschaft rückwirkend rechtfertigen und die Gewalt relativieren sollten. Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verlor der Kolonialrevisionismus in Deutschland zunehmend seine Bedeutung.